Osteoporose: Dem Knochenschwund vorbeugen | Bayern 2 | Radio | BR.de

2022-11-07 15:39:46 By : Ms. Kelly ZHU

Sonne und Wolken bei maximal 12 bis 15 Grad

Osteoporose wird als Volkskrankheit eingestuft. In Deutschland sind rund sieben Millionen Menschen von niedriger Knochendichte betroffen. Der Grund ist in der Regel ein Mangel an Kalzium und Vitamin D.

Osteoporose wird als Volkskrankheit eingestuft. In Deutschland sind rund sieben Millionen Menschen von niedriger Knochendichte und erhöhtem Risiko für Wirbelbrüche betroffen – das sind etwa acht Prozent der Bevölkerung.

Prof. Dr. Vanadin Seifert-Klauss, Leiterin des Interdisziplinären Osteoporosezentrums am Klinikum rechts der Isar in München

Die Patientinnen und Patienten haben dünnere Knochen und erleiden deshalb häufiger Frakturen.

Osteoporose ist oft vermeidbar und behandelbar. Obwohl Ernährung und Bewegung wichtig sind, kann man damit allein die Erkrankung nicht völlig verhindern. Wer bereits Fälle von Osteoporose in der Familie hat, trägt ein erhöhtes Risiko, besonders wenn Schenkelhals-Brüche bei einem Elternteil aufgetreten sind. Osteoporose heißt vereinfacht „Knochenschwund“. Dabei werden die kleinen Knochenbälkchen (Trabekel) dünner und in dem Knochengeflecht entstehen zunächst kleine Lücken. Das Knochengerüst ist nicht mehr belastbar, die Anfälligkeit für kleine Trabekel-Brüche (Insuffizienzfrakturen, Knochenödeme) steigt und irgendwann kommt es zum sichtbaren Knochenbruch oder Wirbelkörper sinken zusammen. Wenn die Schränke in der Wohnung einem höher vorkommen und man um vier oder mehr Zentimeter kleiner geworden ist, sollte nach einer Osteoporose gesucht werden.

Typische Osteoporose-Frakturen sind Radius-(Unterarm-)Fraktur, Wirbelbrüche und - meist später im Leben – Schenkelhalsfrakturen. Diese sind besonders gefürchtet, da sie mit einer erhöhten Sterblichkeit und/oder Hilfs-, bzw. Pflegebedürftigkeit einhergehen.

Noch vor 25 Jahren wurde die Osteoporose als schicksalhafte Alterskrankheit angesehen. Heute ist gesichert: wenn Arzt und Patient bzw. Patientin gut zusammenarbeiten, lässt sich Osteoporose vermeiden oder verbessern. Sogar eine sogenannte manifeste Osteoporose (mit Frakturen), lässt sich in allen Stadien gut behandeln.

Die Lebenserwartung der Europäer steigt stetig. Damit wächst auch das Osteoporose-Risiko, denn mit zunehmendem Alter verliert der Mensch Knochenmasse. Deshalb muss jede(r) mehr für ihre/seine Gesundheit tun – Osteoporosebedingte Knochenbrüche könnten in den kommenden Jahren zu Versorgungsproblemen durch Kapazitätsengpässe führen. Bereits heute werden nicht einmal PatientInnen mit bereits eingetretenen osteoporotischen Frakturen (Brüchen),  dann mit einer Knochendichtemessung auf Osteoporose getestet oder behandelt.

So wie man zweimal am Tag die Zähne putzt, sollte man täglich auch an die Knochen denken. Dazu sollten Menschen, die wenig an die frische Luft gehen oder die Sonne meiden, und auch Menschen über 65 Jahre wenigsten 400 IE Vitamin D täglich zuführen (Rezeptfrei käuflich). Ab 65 Jahren lässt die Fähigkeit der Haut nach, unter UV-Licht-Einfluss selbst Vitamin D zu bilden. So können gebräunte 80-jährige durchaus einen Vitamin D-Mangel haben. Wenn eine Vitamin D-Spiegel gemessen werden soll, dann am besten im Frühjahr, und höchsten alle 2 Jahre. Außerdem wäre hilfreich, das Rauchen einzustellen,  und auf mindestens 20 Minuten am Tag Bewegung sowie auf eine gesunde Ernährung zu achten. Knochen-gesunde Ernährung ist auch eine Gefäß-gesunde Ernährung.

Dem Text liegt ein Gespräch mit Prof. Dr. Vanadin Seifert-Klauss, Leiterin des Interdisziplinären Osteoporosezentrums am Klinikum rechts der Isar in München, zugrunde.

Osteoporose wird meist erst bemerkt, wenn ein Knochen bricht. Risikofaktoren sind niedriges Körpergewicht, Vererbung, bestimmte Medikamente, Bewegungsmangel, Rauchen und schlechte Ernährung - und die Hormone spielen eine Rolle.

Frauen sind von Osteoporose viermal häufiger betroffen als Männer – vor allem wegen der hormonellen Umstellung in den Wechseljahren, die 15 mal mehr Einfluss auf die Veränderung der Knochendichte hat, als Ernährung alleine. Auch junge Mädchen mit Essstörungen sind durch Knochenschwund gefährdet.

Knochen bestehen zu unterschiedlichen Anteilen aus zwei Knochensorten: kortikaler Knochen und Knochenbälkchen (trabekulärer Knochen). Letztere reagieren besonders in Wirbelköpern und Fersenbein schnell auf hormonelle Veränderungen. Der kortikale Knochen ist die vorherrschende Knochen-Art in den langen Röhrenknochen wie Oberschenkel (Femur) und Oberarm (Humerus). Er ist in Lamellen angeordnet, hat eine langsamere Umbaurate und kann (oft jahrelang zuvor bestehende) Probleme der Calcium-Aufnahme anzeigen, wenn die Knochendichte im Femur schlechter ist als in der Wirbelsäule.

Beides zusammen bestimmt die Festigkeit des Knochens. So muss zum Beispiel die Hüfte Belastungen von mehr als 250 Kilogramm verkraften und obendrein elastisch sein, um kurze harte Schläge abzufedern.

Bei Osteoporose werden zuerst die Knochenbälkchen so dünn, dass sie schon bei geringer Belastung brechen - es kommt zu Mikro-Frakturen. Später werden zum Beispiel sichtbare Sinterungsfrakturen der Wirbelkörper daraus. Ein Vorgang, der auch schleichend und unbemerkt passieren kann – zwei Drittel aller Osteoprosebedingten Wirbelbrüche werden als Zufallsbefund auf einem Röntgenbild gesehen. Nicht immer wird daraus die richtige Konsequenz gezogen – nämlich eine Osteoporose-Diagnostik und -Therapie einzuleiten.

Die Frühform von Osteoporose, den Schwund an Knochenmasse, bemerkt die Patientin/der Patient zunächst nicht. Denn die äußere Knochenform ist in der Frühphase der Osteoporose noch intakt, obwohl im Innern des Knochens die Knochensubstanz schon vermindert ist.

Setzt sich der Abbau der Knochenmasse über Jahre hinweg fort, reicht ein kleiner Anlass, um den Knochen zum Brechen zu bringen, zum Beispiel ein heftiges Niesen, Stolpern oder das Anstoßen an ein Hindernis. Dann kann plötzlich ein Wirbel zusammen brechen; oder es bricht der Oberschenkelhals, eine Rippe oder ein Unterarm.

Entscheidend bei solchen Frakturen ist, dass geprüft wird, ob Osteoporose dahinter steckt. Denn - das ist die wichtige Botschaft - Osteoporose lässt sich heute gut behandeln. Aber dazu müssen sich Ärztinnen und Ärzte und Patientinnen und Patienten insbesondere nach einer Fraktur zusammensetzen und gemeinsam eine Behandlungsstrategie entwickeln. Lebenslang wird alle zehn Jahre das Skelett einmal komplett umgebaut und alles, was in diesen zehn Jahren positiv oder negativ auf den Knochen eingewirkt hat, schlägt sich dabei nieder. Das heißt aber auch, dass lebenslang eine Verbesserung möglich ist.

Es gibt Faktoren, die den Knochenschwund begünstigen, die man nicht selbst beeinflussen kann. Es gibt aber auch solche, die mit dem Lebensstil zusammenhängen und die vermeidbar wären.

Osteoporose beginnt nicht erst im Alter von 50 Jahren, sondern hat eine lange Vorgeschichte. Ob man Osteoporose später bekommt oder nicht, hängt zum Teil auch davon ab, ob man in der Kindheit, Jugend und im mittleren Erwachsenen-Alter eine Knochen-gesunde Entwicklung hatte.

Nicht beeinflussbar sind zum Beispiel erbliche Faktoren. Ebenfalls außerhalb des Einflusses des Patienten ist die natürliche, aber knochenschädliche Umstellung des Hormonhaushaltes während der Menopause. Schwangerschaften und die Stillzeit führen vorübergehend zu vermehrtem Knochenabbau, da wegen der erhöhten Anforderungen durch die Mineralisierung des kleinen Skeletts, große Mengen an Kalzium für dessen Aufbau mobilisiert werden müssen, - aus den hoffentlich guten Reserven im Knochen der werdenden Mutter.

Auch sehr viele Krankheiten führen zu Osteoporose, zum Beispiel Asthma bronchiale und Rheuma, u.a. auch wegen negativer Auswirkungen auf die Knochen durch Medikamente mit denen diese Krankheiten behandelt werden,  allen voran Kortison. Daneben spielen zunehmend auch manche Krebstherapien eine Rolle – Aromatase-Inhibitoren bei der Behandlung von Brustkrebs verschlechtern die Knochendichte ebenso wie Hormon-Entzugstherapien, die bei Brustkrebs, Endometriose, aber auch bei Prostata-Karzinomen eingesetzt werden.

Nicht zuletzt sind PatienInnen mit immobilisierenden Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Parkinson, u.a. einem erhöhten Osteoporose-Risiko ausgesetzt.

Patientinnen und Patienten, die länger als ein halbes Jahr ein Kortison-Präparat als Tablette nehmen müssen, sollten deshalb ihre Knochendichte untersuchen lassen.

75 Prozent der Osteoporose-Patienten sind Frauen.

Allerdings: Da die Lebenserwartung insgesamt steigt, bekommen auch immer mehr Männer Osteoporose. Inzwischen leiden auch mehr Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene an Osteoporose, bedingt durch Bewegungsmangel und Ernährungsfehler. Auch während und nach einer Schwangerschaft kann es zu Knochenschwund mit Auftreten von Wirbelbrüchen kommen.

Deshalb sollten Schwangere mit Risiko für Osteoporose, mit Zwillingsschwangerschaften und mit längerer Bettlägerigkeit (z.B. bei Frühgeburtsbestrebungen) Kalzium und Vitamin D substituieren. Dabei sind ausgeglichene tägliche Gaben sinnvoller als hochdosierte Präparate in größeren Abständen.

Langanhaltender, beruflicher Stress kann bei jungen Frauen dazu führen, dass sie keinen Eisprung haben und das kann sich auch auf die Knochen auswirken. Denn das Gelbkörperhormon (Progesteron), das nur nach einem Eisprung in nennenswerten Mengen im Frauenkörper gebildet wird, fördert den Knochenaufbau. Im Rahmen einer Beobachtungsstudie haben Wissenschaftler des Interdisziplinären Osteoporosezentrums der TU München herausgefunden, dass biochemische Knochenaufbau-Parameter nur in den zweiten Zyklushälften von Zyklen mit Eisprung angestiegen ist. Wenn in den Zyklen kein Eisprung war, blieben die Aufbau-Parameter niedriger.

Zu diesen „fast losers“ zählen sowohl ca. 25 Prozent der Frauen, die während der Wechseljahre überdurchschnittlich viel Knochendichte verlieren, als auch junge Brustkrebspatientinnen, die im Rahmen der Chemotherapie die Eierstockfunktion verlieren. Sie werden zum Teil jahrelang mit Medikamenten behandelt, die dem Körper Östrogen entziehen. Daher wird zu Beginn einer Therapie mit Aromatase-Inhibitoren eine Knochendichtemessung mit Dual-X-Ray-Absorptiometrie (DXA) empfohlen, deren Strahlenbelastung nur ein 60tel einer normalen Röntgenaufnahme beträgt und die in 20 Minuten auf einer Liege liegend durchgeführt wird. Schon bei einem T-Score von -2,0 (Osteoporose beginnt bei -2,5) wird Brustkrebs-Patientinnen mit Hormonentzugstherapie nach den Leitlinien der AGO (Arbeitsgeminschaft gynäkologische Onkologie) eine vorsorgliche Knochenschutz-Behandlung empfohlen.

Junge, dünne Mädchen müssen wissen, dass sie ein erhöhtes Osteoporoserisiko haben. Es gilt der Satz: Dünne Frauen, dünne Knochen. Das hängt damit zusammen, dass dünne Frauen weniger Fettgewebe haben; doch genau dort wird auch Östrogen produziert, dass wichtig für den Aufbau von Knochenmasse ist. Zudem bleibt bei sehr niedrigem Körpergewicht oft die Östrogenbildung in den Eierstöcken auf der Strecke, erkennbar am Ausbleiben der Periodenblutung. Raucht diese dünne Frau auch noch und hat wenig Bewegung, wird sie eine Osteoporose-Risiko-Kandidatin. Eine von 200 jungen Frauen ist von Osteoporose betroffen.

Nur wer sich schon in jungen Jahren ausreichend bewegt, kann die maximale Knochenmasse aufbauen. Vorsicht vor Kalziumräubern: Rauchen, Koffein, Alkohol und zu viel Zucker schaden den Knochen.

Für den Aufbau und Erhalt der Knochen muss man über die Nahrung dem Körper täglich rund 1.500 mg Kalzium anbieten und etwa 400- 1.000 Einheiten (IE) Vitamin D aufnehmen.

Für eine knochenbewusste Ernährung gelten dieselben Regeln wie für eine insgesamt gesunde Ernährung: Wenig Fleisch, wenig Fett, sehr viel Gemüse, sehr viel Obst – und für den Knochenaufbau viel Milchprodukte.

Je nach Alter sollte man zwischen 500 und 1.500 Milligramm Kalzium täglich zu sich nehmen. Da Kinder und Jugendliche noch im Knochenwachstum sind, brauchen sie mehr Kalzium als Erwachsene. Auch Frauen in der Schwangerschaft sollten sich Kalzium-reich ernähren.

Man muss nicht täglich zwei Liter Milch trinken, um das zu erreichen, sondern kann auch einen Joghurt oder Käse essen. Auch Kalzium-Präparate aus dem Drogeriemarkt sind wirksam.

Vollmilch 120 mg Fettarme Milch 120 mg Buttermilch 110 mg Molke 70 mg Joghurt 115 mg Emmentaler 1020 mg Tilsiter 860 mg Gouda 820 mg Edamer 800 mg Butterkäse 700 mg Parmesan 1300 mg

Grünkohl 210 mg Fenchel 110 mg Brokkoli 105 mg Lauch 85 mg Kohlrabi 70 mg Grüne Bohnen 57 mg Küchenkräuter ca. 200 mg Feigen, getrocknet 195 mg Orange 40 mg Kiwi 40 mg Johannisbeeren 200 mg Himbeeren 40 mg Brombeeren 45 mg

Residenzquelle 567 mg San Pellegrino 203 mg Frankenbrunnen 267 mg Mineralwasser sollte neben hohen Kalziummengen einen niedrigen Natriumgehalt haben (< 60 mg pro Liter).

Quelle: „Körperintelligenz“ von Dr. Marianne Koch, dtv 2003

Rauchen Der schlimmste „Knochenterrorist“ ist das Rauchen, weil chemische Substanzen im Tabak zu einem erhöhten Knochenabbau führen. Die genauen Mechanismen sind noch nicht bekannt; fest steht aber, dass Raucher ein doppelt erhöhtes Osteoporoserisiko haben. Gerade Frauen, die viermal so häufig wie Männer an Osteoporose erkranken, sollten möglichst mit dem Rauchen aufhören oder es zumindest reduzieren. Kaffee und Alkohol Kalziumräuber sind auch große Mengen Koffein (mehr als vier Tassen täglich) und Alkohol, denn durch sie wird über die Niere verstärkt Kalzium ausgeschieden. Der Körper holt sich das fehlende Kalzium dann über hormonelle Prozesse aus dem Skelettdepot – und das schwächt die Knochen. Regel: Eine Tasse Kaffee mit Milch am Tag oder ein kleines Bier ist kein Problem. Doch regelmäßig mehr als fünf Tassen Kaffee pro Tag sind für die Knochen und die allgemeine Gesundheit eigentlich schon zu viel. Cola Übrigens ist auch Cola ein starker Knochenräuber, weil es neben Koffein auch viel Zucker und Phosphat enthält. Allerdings ist nichts dagegen zu sagen, wenn jemand einmal eine kleine Flasche Cola am Tag trinkt.

Vitamin D ermöglicht die Aufnahme von Kalzium und Phosphat aus dem Darm, verbessert die Koordination und Muskelkraft und stärkt das Immunsystem. Normalerweise wird bei jungen Menschen Vitamin D vom Körper selbst produziert. Doch dazu braucht der Körper Licht, zum Beispiel in Form eines 15-minütigen Sonnenbades täglich ohne Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor.

In Mitteleuropa sind 40 Prozent aller Menschen nicht ausreichend mit Vitamin D versorgt. Unter Menschen mit Osteoporose sind es vor Therapiebeginn über 90 Prozent. Oft ist selbst mit niedrigen Vitamin D-Gaben dieser Mangel nicht ausreichend behandelt. Zudem lässt ab etwa 60 Jahren auch die Fähigkeit der Haut nach, Vitamin D unter Sonnenlicht-Einfluss zu bilden. Daher können selbst sonnengebräunte Senioren unter Vitamin D-Mangel leiden.

Je stärker die Muskulatur, desto stärker ist auch der Knochen. Jede Form von Bewegung, die die Muskulatur kräftigt, ist auch gut für die Knochen. Der Knochen muss spüren, dass er noch gebraucht wird. Über Mechanorezeptoren im Knochen bewirkt regelmäßige, maßvolle statische Belastung, wie sie bei Spazierengehen, Wandern und Tanzen ausreichend zustande kommt, eine Zunahme des Knochenaufbaus.

In der Steinzeit waren die Menschen Jäger und Sammler. Heute bewegen sich die Deutschen im Schnitt nur noch ein oder zwei Kilometer am Tag. Überspitzt gesagt: Man steht nur noch vom Sofa vor dem Fernseher auf, geht zum Kühlschrank und wieder zurück zum Sofa. Das ist zu wenig.

Die maximale Knochenmasse erreicht man etwa im Alter von 25 Jahren. Um die Knochen in jungen Jahren möglichst gut aufzubauen, müssen Kinder und Jugendliche viel Bewegung und eine kalziumreiche Ernährung erhalten. Und später ist entscheidend, wie man mit seinem Skelett umgeht:

Seit der Jahrtausendwende ist wissenschaftlich erwiesen, dass Knochen zeitlebens auf- und abgebaut werden. Alle zehn Jahre wird das menschliche Skelett einmal vollständig umgebaut. Alles, was in dieser Zeit auf den Knochen einwirkt, hat Einfluss auf die weiter Knochenqualität. Es ist also nie zu spät, etwas zu verbessern.

Dabei braucht jede kleinste Knocheneinheit (BMU = bone mineral unit) drei Monate, um sich zu erneuern – Knochenabbau geht im BMU schnell in ein paar Tagen, Knochenaufbau braucht den Rest der drei Monate. Zum Glück sind die Knochenaufbau-fördernden Zellen (Osteoblasten) in der Überzahl: 100 zu 1 ist das Verhältnis zu den Knochenabbau-Zellen (Osteoklasten).

Die Knochenmasse korreliert sehr gut mit der Muskelmasse. Wer Osteoporose hat, muss die Muskulatur stärken – vor allem an der Wirbelsäule. Deshalb wird eine regelmäßige Wirbelsäulengymnastik empfohlen. Für die Stärkung der Knochen selbst jedoch bedarf es der Schwerkraft.

Gerade nach einer Fraktur ist Bewegung wichtig, um chronische Schmerzen zu vermeiden. Deshalb sollten Schmerzmittel kein langfristiger Ersatz für Krankengymnastik sein, sondern dazu helfen, bald wieder in Bewegung zu kommen. Allerdings gilt auch das Motto: Beschwerde-adaptierte Belastung, nicht zu früh während der Heilung schon zu viel Belastung: also bei Schmerzen vorübergehend pausieren. Nach einer Wirbelfraktur können stützende Orthesen bei der Bewegung Schmerzerleichterung bringen. Parallel dazu sollte jedoch die stützende Rumpf-Muskulatur (Bauchmuskeln und seitliche Rumpfmuskulatur) durch Übungen gestärkt werden. Auch Bisphosphonate können Schmerzen vermindern. Ist nach zwei bis drei Monaten noch keine Schmerzerleichterung eingetreten, sollte mit Fachleuten überlegt werden, ob eine Wirbelkörper-aufrichtende Operation (Vertebroplastie, Kyphoplastie) sinnvoll wäre.

Selbsthilfegruppen bieten Betroffenen oft die Möglichkeit zu gemeinsamen gymnastischen Übungen. Außerdem können sie den Patienten psychisch stützen.

Der Dachverband der Osteologischen Gesellschaften (DVO) empfiehlt als Basis für Therapie-Entscheidungen die sogenannte DXA-Methode. Und auch eine spezielle Computertomographie kann genutzt werden.

Bei der strahlenarmen DXA-Methode (dual energy x-ray absorptiometry) werden zwei schwache Röntgenstrahlen durch die Knochen am Oberschenkel oder an der Lendenwirbelsäule geschickt. Die Strahlenbelastung ist deutlich geringer als bei einer Röntgenaufnahme. Die Knochendichte lässt sich am sogenannten T-Wert ablesen. Dieser vergleicht den Befund mit den Werten eines jungen Erwachsenen; die Differenz zwischen dem T-Wert und dem Referenzwert wird als Standardabweichung (SD) bezeichnet. Ab einem T-Wert von – 2,5 liegt eine messtechnische Osteoporose vor.

"Ob und wie ein Patient oder eine Patientin behandelt werden sollte, hängt neben der Knochendichte auch vom Lebensalter ab. Sehr entscheidend und fast noch wichtiger als die Knochendichte ist, ob bereits ein oder mehrere Wirbelbrüche vorliegen." Prof. Dr. Vanadin Seifert-Klauss

Bei starken degenerativen Veränderungen, die in der DXA-Messung zu falschen guten Werten führen können, ist alternativ auch die quantitative Computertomographie (QCT) sinnvoll, die als „Frühwarn“-Methode den trabekulären (inneren) und kortikalen (äußeren) Knochenanteil getrennt misst. Diese erkennt ca. 13% mehr Osteoporosen der Wirbelsäule sehr früh, hat aber eine höhere Strahlenbelastung und gibt keine Auskunft über die Knochendichte der Schenkelhälse (Femuren).

Neuerdings wird in der TU München daran gearbeitet, aus Computer-Tomographien mit Abbildung der Wirbelsäule, die z.B. zur Diagnose einer Wirbelfraktur gemacht wurden, nachträglich mit einem Algorithmus auch die Knochendichte zu bestimmen (opportunistische CT-Knochendichte) – dies könnte in der Zukunft vielleicht die Notwendigkeit von zusätzlichen Knochendichte-Untersuchungen verringern.

In welchem Alter eine solche Messung erstmals durchgeführt werden sollte, hängt von den persönlichen Risikofaktoren ab, von bereits eingetretenen Knochenbrüchen, anderen Erkrankungen mit erhöhtem Osteoporose-Risiko und davon, ob die Messung eine Konsequenz hätte (Therapie-Absicht). In manchen Ländern wird allen Menschen (auch ohne Risikofaktoren) mit 65 Jahren eine Basis-Knochendichtemessung empfohlen. Wer mit 50 Jahren bereits drei Knochenbrüche hatte, sollte die Knochendichte bestimmen lassen.

Das hängt von den Risikofaktoren ab. Wenn es in der Familie Fälle von Osteoporose gibt, besteht ein erhöhtes Osteoporose-Risiko. Eine Osteoporose-Abklärung ist dringend:

Während einer laufenden Therapie ist eine Messung meistens alle 2 Jahre ausreichend. Wenn noch keine oder nur eine Basis-Therapie  mit Kalzium und Vitamin D erforderlich ist, aber die Knochendichte im Auge behalten werden sollte, gilt: Ist die Knochendichte verhältnismäßig gut und hat die Patientin keine Beschwerden, kann auch ein längeres Intervall (z.B. alle 5 Jahre) ausreichen. Hochrisiko-Patienten hingegen, zum Beispiel solche, die Kortison oder Aromatase-Inhibitoren nehmen müssen, wird dagegen u.U. eine DXA-Untersuchung schon nach einem Jahr empfohlen, um einen sehr raschen Knochenabbau zu erfassen.

Die erste Anlaufstelle ist der Hausarzt. Dieser überweist ggf. weiter an eine Praxis für Radiologie/Nuklearmedizin o.a. Einrichtung, die ein Gerät zur DXA-Messung hat. Leider wird vielerorts die Knochendichte-Messung nur noch als Selbstzahler-Leistung angeboten, als Preis sind ca. 60 € üblich.

Das Ergebnis der DXA-Methode richtet sich nach dem sogenannten T-Wert. Dieser vergleicht den Befund mit den Werten eines jungen Erwachsenen; die Differenz zwischen dem T-Wert und dem Referenzwert wird als Standardabweichung (SD) bezeichnet. T-Werte von plus bis minus 1 (SD) sind normal, schlechtere Werte zeigen eine Knochendichteverminderung an, eine sogenannte Osteopenie; T-Werte unter minus 2,5 SD zeigen eine Osteoporose an. Nicht jede Osteoporose ist sofort mit mehr als Vitamin D und Calcium behandlungs-bedürftig, da das Bruch-Risiko sich mit jedem Lebensjahrzehnt verdoppelt. So hat eine Frau ohne weitere Risiko-Faktoren mit 50 Jahren nur ein Viertel des Risikos einer 70-jährigen mit der gleichen Knochendichte.

Bei allen Risikopatienten zahlt die gesetzliche Krankenkasse die DXA-Knochendichtemessung (allerdings zahlt sie mit ca. 18 € sehr schlecht, daher oft Selbstzahler-Leistung, siehe oben). Sollte sich dabei eine behandlungsbedürftige Osteoporose herausstellen, übernimmt die Kasse die Kosten für die relativ teuren Medikamente. Die Kosten für diese Behandlung sind immer noch geringer, als die nötigen Operationen nach einer Wirbelsäulen- oder Oberschenkelhalsfraktur.

Es gibt auch noch eine Messung der Schall-Leitgeschwindigkeit per Ultraschall an der Ferse oder an den Fingern. Dies ist allerdings nicht verlässlich genug um eine oft jahrelange Therapie darauf basieren zu lassen. Da eine Osteoporose an der Lendenwirbelsäule und am Oberschenkel die stärksten Auswirkungen hat, sollte auch dort gemessen werden - und das geht bisher nur mit der DXA-Methode.

Zur Basis-Therapie gehört eine gesunde Ernährung mit viel Kalzium und regelmäßige Bewegung. Reicht die Basistherapie nicht aus, sollten zusätzlich spezielle Osteoporose-Medikamente gegeben werden. Die klassische „Einsteiger“-Therapie sind Bisphosphonate.

Die Basistherapie beinhaltet Bewegung, und eine ausreichende Versorgung mit Ernährung Kalzium und Vitamin D3 pro Tag. Das Kalzium-Angebot sollte 1000 – 1500 mg täglich betragen, unter optimalen Bedingungen kann der Körper hiervon ca. ein Viertel bis ein Drittel aufnehmen. Bei weniger Angebot mit der Nahrung holt sich der Körper das Kalzium aus dem Knochen, da Kalzium lebenswichtig ist, unter anderem für die Funktion der Herzmuskels.

Bei Unverträglichkeit von Milchprodukten können Kalzium-reiche Mineralwässer als Quelle dienen. Sollte Die Versorgung durch die Ernährung her nicht ausreichend möglich sein, sollten 500 mg Kalzium pro Tag als Brause-, Kau- oder Filmtablette zugeführt werden. Diese sind, ebenso wie 1.000 IE Vitamin D – Tabletten rezeptfrei in Apotheken oder Drogeriemärkten erhältlich.

Die Aufnahme von Vitamin D erfordert kein Vitamin K.

Reicht die Basistherapie nicht aus, sollten zusätzlich spezielle Osteoporose-Medikamente gegeben werden. Nachfolgende Arzneimittel werden zur Therapie der Osteoporose und zur Prävention von Knochenbrüchen eingesetzt, da sie durch unterschiedliche Wirkmechanismen den Knochenaufbau fördern und/oder den Knochenabbau hemmen.

Wichtig: Diese Arzneimittel sind verschreibungspflichtig und der Arzt entscheidet nach eingehender Diagnosestellung, ob und wie die Einnahme nötig ist.

Die klassische „Einsteiger“-Therapie sind Bisphosphonate. In Tablettenform: Alendronat 70 mg (einmal wöchentlich), Risedronat (einmal wöchentlich), oder Ibandronat 150mg (einmal monatlich) sind die gebräuchlichsten Darreichungsformen, es gibt für Sonderfälle auch z.B. tägliche Dosierungen.

Bisphophonate nicht gleichzeitig mit Calcium einnehmen, da sonst deren Aufnahme vermindert wird.

Mögliche Nebenwirkungen sind Kopfschmerz, Knochen- und Muskelschmerzen oder Magen- Darm-Beschwerden.

Sollten orale Bisphosphonate wegen Magen-Darm-Nebenwirkungen nicht möglich sein, können Ibandronat  3 mg i.v. als Fertigspritze oder Zoledronat 5mg als Infusion gegeben werden.

Zusätzlich soll bei beiden Arzneimitteln auf eine ausreichende Zufuhr von Calcium und Vitamin D geachtet werden.

Als Nebenwirkungen können Kopfschmerz, Schwindel, Magen-Darm-Beschwerden oder grippeähnliche Symptome auftreten.

Raloxifen und Bazedoxifen sind Selektive Estrogen Rezeptor Modulatoren (SERMs). Sie wirken am Knochen wie Östrogene, jedoch nicht an anderen Organen wie z.B. der Brust und können zur Osteoporosetherapie bei Frauen nach den Wechseljahren eingesetzt werden.

Die Einnahme der Tablette erfolgt einmal täglich.

Nebenwirkungen können sein: Hitzewallungen, grippeähnliche Symptome oder Wadenkrämpfe.

Denosumab ist ein Antikörper gegen Knochenabbau-fördernde Botenstoffe und wird bei Frauen mit Osteoporose in den Wechseljahren angewendet, die ein erhöhtes Frakturrisiko haben. Des Weiteren wird es zur Behandlung von Knochenschwund bei Männern eingesetzt, die aufgrund einer Prostatakrebserkrankung antihormonell behandelt werden. Denosumab wird zweimal jährlich subkutan (in den Oberschenkel, die Rückseite des Armes oder in die Bauchregion) gespritzt. Als Nebenwirkungen können Harnwegsinfekte, Infekte der oberen Atemwege, Verstopfung oder Hautausschläge auftreten.

Als Abkömmling des körpereigenen Parathormons wird Teriparatid eingesetzt, das zur Vermehrung von Knochensubstanz und Wiederherstellung verlorengegangener Mikrostrukturen des Knochens führt. Der Einsatz erfolgt vor allem bei schwerer Osteoporose, starken Schmerzen und/oder bei multiplen Wirbelfrakturen.

Dosierung: 1 x täglich in den Oberschenkel oder in den Unterleib spritzen, maximale Therapiedauer 24 Monate.

Als unerwünschte Wirkungen sind Gliederschmerzen, Schwindel, Übelkeit und Kopfschmerzen möglich.

Seit 2020 ist als neues Osteoporose-Medikament Romosozumab, zugelassen worden. Romosozumab bindet hemmend an das körpereigene Glykoprotein Sclerostin, das die Osteogenese hemmt. Die Inaktivierung von Sclerostin soll zu einer gesteigerten Knochenneubildung und zu einer verminderten Knochenresorption durch die Hemmung des Wnt-Signalwegs führen. Das Medikament muss alle 14 Tage durch die PatientInnen selbst subkutan (unter die Haut) gespritzt werden. Als Nebenwirkungen können Gelenkschmerzen Durchfall, Nasen-Nebenhöhlen- und Hals-Entzündungen, Kopfschmerzen oder Muskelkrämpfe auftreten. Bei Patientinnen und Patienten nach Hyokalzämie, Herzinfarkt oder Schlaganfall ist es kontraindiziert. Bei Risikofaktoren für Herzinfarkt (z.B. Bluthochdruck, Rauchen, hohes Cholesterin) ist Vorsicht geboten.

Frauen, die wegen klimakterischer Beschwerden eine Hormontherapie einnehmen, müssen in dieser Zeit  kein weiteres spezielles Osteoporose-Medikament einnehmen, da Östrogene und Gestagene Knochenabbau verhindern. Dies sagen sowohl die Leitlinien des Dachverbands der Osteologischen Gesellschaften (DVO), als auch die Leitlinien zur Hormontherapie bei postmenopausalen Frauen. Wenn Gegenanzeigen oder Unverträglichkeiten gegenüber anderen Osteoporose-Medikamenten bestehen, sind auch Östrogene (ggf. mit Gestagenen) in den Leitlinien als Evidenzklasse-A-Medikamente gegen Osteoporose genannt, können also eingesetzt werden, wenn keine Kontraindikationen gegen eine Hormontherapie bestehen (z.B. eine hormonrezeptorpositive Brustkrebserkrankung). Nebenwirkungen von Östrogenen sind ein erhöhtes Thromboserisiko und Blutungen (diese können je nach Art der Hormontherapie vermieden werden). Unter kombinierter Hormontherapie ist nach mehrjähriger Anwendung nach dem Alter von 50 Jahren das Brustkrebsrisiko etwa ein Viertel höher als ohne Hormontherapie.

Mittlerweile gibt es viele Möglichkeiten, den Knochen wieder zu fixieren und die Heilung zu beschleunigen. Eine Operationsmethode ist zum Beispiel die sogenannte Vertebroplastie. Dabei wird in einen zusammengebrochenen Wirbel Knochenzement gespritzt. Das stabilisiert den Wirbel und ist vor allem bei Patienten sinnvoll, die extremste Schmerzen haben, die nicht anders zu behandeln sind. Eine Neuerung ist die "Kyphoplastie", bei der der eingebrochene schmerzhafte Wirbel mit einem Ballon wieder aufgerichtet und danach mit Knochenzement ausgefüllt und stabilisiert wird.

Zur modernen Therapie der Osteoporose gehört, dass verschiedene Fachärzte unter einem Dach arbeiten. So ist die beste Behandlung für den Patienten gewährleistet.

Bei gemeinsamen Besprechungen wird nicht nur die für die Patientin beste Behandlung der Symptome (wie Schmerzen o.ä.) gefunden, sondern es werden auch alle anderen relevanten individuellen Bereiche berücksichtigt.

"Unser Hauptanliegen ist dabei auch die Prävention von Frakturen. Und bei der Behandlung der Osteoporose ist es wichtig, weg von dem Gießkannenprinzip zu kommen. Für jede Patientin sollte ein auf sie abgestimmtes Medikament gefunden werden, denn jede hat ein individuelles Beschwerden- und Risikobild." Prof. Dr. Vanadin Seifert-Klauss zu dem Ziel des Interdisziplinären Osteoporosezentrums am Klinikum rechts der Isar in München

Ein(e) Osteoporose-Patient/in, der oder die bereits Frakturen hatte, leidet natürlich unter starken Schmerzen. Deshalb muss von Anfang an eine entsprechende Schmerztherapie mit in die Behandlung einbezogen werden, am besten interdisziplinär, d.h. mit Experten verschiedener medizinischer Fachrichtungen.

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